Evolutionsbiologie beschreibt die Geschichte des Lebens und erklärt,
warum Lebewesen so sind wie sie sind1) Barton et al., 2007, S. 12)
So könnte man Wesen und Inhalt der Evolutionsbiologie kurz zusammenfassen. In ähnlicher Weise schreibt Futuyma zu Beginn seines Lehrbuchs „Evolution“:
In einer der atemberaubendsten Ideen der Geschichte der Wissenschaft schlug Charles Darwin vor, daß „alle organischen Lebenwesen, die je auf dieser Erde gelebt haben, von einer einzigen ursprünglichen Form abstammen.“ Aus dieser Idee folgt, daß jede Eigenschaft jeder Art […] das Ergebnis einer evolutionären Geschichte ist. Die evolutionäre Sichtweise beleuchtet jedes Gebiet der Biologie, von der Molekularbiologie zur Ökologie. Tatsächlich ist Evolution die vereinigende Theorie der Biologie.3) Futuyma (2005), S. 1, Hervorhebung im Original
Und er schließt mit dem schon eingangs genannten Zitat von Theodosius Dobzhansky, nichts in der Biologie ergebe einen Sinn, es sei denn, man betrachte es im Lichte der Evolution.
Die folgenden Ausführungen können und wollen die Thematik nicht erschöpfend behandeln. Der Leser sei auf die am Ende aufgelistete weiterführende Literatur verwiesen.
Futuyma (2005, S. 2) liefert eine sehr griffige Definition des Begriffs: Biologische (oder organische) Evolution ist die Veränderung der Eigenschaften von Gruppen von Organismen über den Lauf von Generationen. Die Individualentwicklung (Ontogenese) ist explizit kein Bestandteil der Evolution.
Grundlegend für die Begriffsdefinition sind nach wie vor die fünf erstmalig in dieser Form von Charles Darwin formulierten Aspekte, die unter der Überschrift “Darwins Evolutionstheorie„ weiter unten aufgeführt sind.
Die Entstehung des modernen Evolutionsgedankens kann in jedem Lehrbuch der Biologie nachgelesen werden. Deshalb soll hier darauf verzichtet werden. Stattdessen möchte ich kurz auf die Person Charles Darwins eingehen und mit ein paar „evangelikalen Mythen“ aufräumen.
Charles Darwin (1809-1882) war nicht der erste, der den Evolutionsgedanken dachte, aber er war derjenige, der ihn einer breiten Öffentlichkeit wissenschaftlich fundiert präsentierte. Nicht umsonst gilt sein Hauptwerk „On the origin of species“ (1859) als eines der Werke, die die Wissenschaft maßgeblich und nachhaltig geprägt und verändert haben.
Tatsächlich war Charles Darwin ein sehr vorsichtiger Mensch, der lange zögerte, bis er seine Ergebnisse vorstellte (vgl. dazu Braem, 2009). Auch wenn sich vielleicht nie einvernehmlich klären lassen wird, wie groß der Anteil von Alfred Russel Wallace (1823–1913) an der Entwicklung der Evolutionstheorie wirklich ist4), gibt es keinen Zweifel an der Qualität und der Fundiertheit der Arbeit Darwins.
Einige „evangelikale Mythen“, die sich um die Person Charles Darwins ranken, die aber nachweislich falsch sind, vgl. u.a. die sehr lesenswerte Darwin-Biographie von Guido Braem:
Zusammengenommen erscheint in diesem Licht das Werk Darwins weitaus fundierter und schlagkräftiger, als das die Gegner seiner Ansichten zugeben wollen.
Was man oft einfach als „Darwins Therie der Evolution“ bezeichnet, beinhaltet nach Mayr (1982, S. 505ff.)6) tatsächlich fünf Theorien, die hier nach Futuyma (2005, S. 8) zitiert werden7):
Auch wenn mittlerweile alle fünf Teilaspekte von Darwins Evolutionstheorie weithin akzeptiert sind und Grundlagen der Evolutionsbiologie darstellen, war es einerseits keinesfalls so, daß seine Nachfolger all diese Aspekte akzeptierten (lediglich die Tatsache einer „Evolution als solcher“, also der Veränderung der Charakteristika der Abstammungslinien einzelner Organismen mit der Zeit) wurde sofort akzeptiert.
Die Hauptaussagen der „Synthetischen Evolutionstheorie“ (im angelsächsischen Sprachraum als evolutionary synthesis bzw. modern synthesis bezeichnet) stellen die Grundlagen der modernen Evolutionsbiologie dar. Auch wenn manche dieser Prinzipien seit den 1940er Jahren erweitert, verdeutlicht oder modifiziert wurden, werden sie von den meisten gegenwärtigen Evolutionsbiologen als grundsätzlich gültig akzeptiert.
Aus Futuyma: Evolution. Sinauer, Sunderland 2005, S. 10f. Übersetzung durch den Autor dieser Seiten.
Die Liste erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Sie soll dem interessierten Leser lediglich einen Einstieg in die Thematik ermöglichen.